Fight or Flight
Red Riding Hood biss die Zähne zusammen und zerrte an den Handschellen die ihn an den Stuhl unter sich fesselten. "Vanir zum letzten Mal ich bin nicht dein Feind. Siehst du nicht – dass diejenigen die wir aufhalten sollten – dieselben sind die uns auseinanderbrechen wollen?"
"Nein!" Vanir ballte die Fäuste in seinen weißen Handschuhen. Seine Stimme hallte von der Stahl-Decke hoch oben wider. "Du bist der Narr der nicht auf Vernunft hört. Aber warum sollte ich von dir auch etwas anderes erwarten?" Seine Stimme klang hohl in seinen eigenen Ohren. "Seit meiner Kindheit habe ich darauf gewartet dass ihr in eurer ach-so-edlen Mission einen Fehler macht. Oder endlich herausfinden zu können wie man euch übertreffen kann. Ich verbrachte meine ganze Kindheit – mein ganzes Leben – zusammengekauert in den Schatten. Niemand hat jemals dein Potenzial zu meinem übersehen!" Er hob den Kopf, und seine schwarz-weiße Maske glänzte im grellen Licht des Anführer-Büros. "Und jetzt, nach all den Jahren, werde ich mich endlich rächen!"
It chose me, I didn′t choose this city
"Oh…" Plötzlich ergab alles einen Sinn für Red Riding Hood. Ihr Gespräch am Strand der Messehalle. Ihre Rivalität. Ihre entgegengesetzten Ziele. Vanir war mächtig. So viel mächtiger als er es jemals sein konnte. Seine Metafähigkeiten waren Furcht erregend. Aber dennoch war die Mission COURAGE immer im Vordergrund gewesen und somit auch ihre Anführer. Als Beispiele für die 'Guten'. Diejenigen denen sich Metamenschen anschließen sollten. Während die RESISTANCE sogar oft unter anderen Metamenschen verachtet wurde. Obwohl sie ebenfalls für diese kämpften. Dazu kam noch die mediale Aufmerksamkeit.
Red Riding Hood schloss seine warmen honigfarbenen Augen und senkte den Kopf. "Ja" Er sprach sehr leise. "Es muss kalt gewesen sein in meinem Schatten."
Vanir kniff die Augen zusammen. "Was kümmert es dich? Sieh zu was ich geworden bin. Ich bin der mächtigste Mann dieser Kolonie. Und nichts und niemand kann das ändern!"
Doch das Verständnis dafür wie es Vanir ergangen sein musste. Die Geschichte mit seinem Vater ebenfalls noch im Hinterkopf… Der ihn erst zu dem gemacht hatte was er nun war. "Um niemals Sonnenlicht im Gesicht zu haben…"
"Nun, das ist nicht gerade-" Vanir begann zu protestieren. Woher hatte Red Riding Hood gewusst – wie Vanir ihn und seine Lakaien all die Jahre gesehen hatte – eine Mauer im Weg, die das Licht des Sieges versperrte?
"Du warst damit zufrieden mich glänzen zu lassen. Nur um irgendwann Rache zu nehmen." Red Riding Hood Hände schüttelnd mit Agenten und anderen Regierungsmitgliedern. Dieselben die Vanir wahrscheinlich Minuten vorher noch versucht hatten zu töten. Red Riding Hood in Magazin-Überschriften. Fotos von heldenhaften Rettungsaktionen.
Zorn kochte in Vanirs Brust. "Nein! Das war ich ganz sicher nicht!" Er machte ein paar Schritte auf Red Riding Hood zu und überlegte im Geiste – wie viel Kraft sein Schlag brauchen würde – um den Kiefer seines Rivalen zu brechen.
Or do you wanna date me?
Selbst wenn Red Riding Hood das Klappern von Vanirs Stiefeln bemerkte – machte er keine Bewegung – er versuchte nicht ein Mal weiter sich zu befreien. "Du bist immer einen Schritt hinter mir gegangen. Ich… Ich war diejenige mit all dem Ruhm."
"Das war genau das Problem!" Kiefer und Nase. Dort konnte er ihn auch ohne Waffe verletzten. Eventuell auch Ohren. Es sollte nicht zu schwer sein diese abzureißen.
"Aber du…" Red Riding Hood hob den Kopf – seine weichen Augen ruhten auf Vanirs Gesicht – als könnte er hinter die Maske sehen. "Du warst derjenige mit der ganzen Stärke."
Vanir hätte beinahe inne gehalten. Selbstverständlich war er derjenige mit den stärkeren Fähigkeiten gewesen. Vor all den Jahren als sein Vater ihn zu dem gemacht hatte – was er nun war – war er nur immer stärker und stärker geworden. Aber dennoch konnte er kaum leugnen das er nicht diese Ehrlichkeit erwartet hatte. Red Riding Hood war es schließlich dem er immer Naivität und Arroganz zu gleich vorgeworfen hatte.
Das Gesicht von Red Riding Hood wurde weicher – als er sah – wie Vanir zögerte. "Es tut mir leid das ich es nicht früher gesehen habe…"
Die Wut in Vanirs Brust verschwand wie eine erloschene Kerze. In ihm tobte ein Kampf und Red Riding Hood sah diesen so offensichtlich wie niemand Anderer. Und er verstand es – er hatte jede Nacht denselben Krieg geführt – seit sie sich vor all den Jahren begegnet waren. Vanir machte dennoch einen Schritt nach vorne und lehnte sich zu Red Riding Hood hinunter. Er stützte sich auf dem Armstützen ab und starrte den Helden vor sich nieder. Er fühlte sich wie in einem Rausch. "Dann weißt du wovor du hier Angst haben solltest, Red. Was ich dir antun könnte. Mit einem einfachen Fingerschnippen."
So why you coming over.
Anything but sober?
Doch Red Riding Hood – der offenbar wie immer darauf bestand das Unerwartete zu tun – streckte seine Hände in den Handschellen aus und ergriff mit diesen die behandschuhten von Vanir. In einer Geste der absoluten Vertrautheit. Vanir erstarrte. Jeder andere Held wäre nun in Einzelstücken im Meer gelandet. Doch hier brauchte er all seine Kraft – um diesem Drang zu widerstehen – sich in die Wärme von den arbeits schwieligen Händen zu lehnen. Die Berührung ließ seine Haut wie ein Stromkabel summen. Etwas tief in ihm reagierte. Er konnte nicht verhindern – dass sich seine Lippen nach oben kräuselten – als er die Sanftheit im Gesicht von Red Riding Hood las.
Die Welt um Red Riding Hood schien zu verblassen. "Eine schöne Maske… Um den ganzen Schmerz zu verbergen."
Vanir verkniff sich seine Worte. Nein – dies war keine Zeit für Worte – zu lange hatte er sein Leben von Worten diktieren lassen. Die grausamen Worte seiner Eltern. Die hochmütigen Worte von Liebhabern. Die eigenen vorschnellen Worte in Wut gesprochen. Worte – die er Red Riding Hood gegenüber gesprochen hatte – von denen er nun wünschte sie zurück nehmen zu können. Aber er wollte gerade nicht reden. Er wollte nur das Red Riding Hood aufhörte zu sprechen. Und dann – bevor er auch nur an die Konsequenzen denken konnte – handelte Vanir bereits. Er riss eine seiner Hände los und krallte sie in das dunkle Oberteil seines Möchtegern-Helden – der die Augen wahrscheinlich aus Angst vor dem was kommen könnte zusammen kniff – um dann die Lücke zwischen ihnen zu schließen und ihre Lippen zu vereinen.
Red Riding Hood versteifte sich für einen Moment überrascht. Doch mit der Stuhllehne im Rücken konnte er kaum ausweichen. Nicht das er das gewollt hätte. Vanir spürte wie sehr das Herz von Red Riding Hood raste – durch seinen Griff an dem dunklen Oberteil – und alles schmeckte etwas nach Blut. Trotzdem… Es fühlte sich so an als ob sich alles in ihrem Leben zu diesem Moment bewegt hatte.
Und der Kuss war großartig.
Vanir löste seinen Griff von dem Oberteil und ließ seine Hand unter die Kapuze des Umhangs von Red Riding Hood gleiten. Er strich mit den Fingern durch das weiche braune Haar und zog sein Gesicht näher um den Kuss zu vertiefen. Ein Winkel seines Verstandes flüsterte immer wieder – dass dies ein böses Ende nehmen würde – dass dies ein Plan für einen kosmischen Witz war – dass das scheinheilige Rotkäppchen ihn nur ablenkte damit einer seiner kostbaren Lakaien unbemerkt vorbei schlüpfen und die Pläne der RESISTANCE vereiteln könnte. Er befahl diesem Teil des Geistes den Mund zu halten. Eine falsche Bewegung oder auch nur ein falscher Gedanke und er konnte noch immer alles in die Luft sprengen.
Keep you guessing
Nach einem Moment brach Red Riding Hood den Kuss ab. Er atmete schwer als er seine Augen wieder öffnete und Vanir musterte ihn nachdenklich. Der Kuss war nicht nur eine Fantasie – es war Unvermeidlichkeit gewesen. Er lehnte sich etwas vor. Noch immer an den Stuhl gefesselt. "Wusstest du…" Er hatte seinen typisch frechen Ausdruck im Gesicht. Zum Scherzen aufgelegt wie immer. "Das dich das offiziell zu meinem Helden macht?"
Vanir konnte sich ein Lachen nicht verkneifen aber es war nicht sein übliches, spöttisches Bellen. Das Geräusch war heiser und rauchig von den Empfindungen. Den neuen vollkommen unbekannten Empfindungen. Die Nähe von Red Riding Hood ließ ein Gefühl durch ihn strömen. Vanir war keineswegs unschuldig – aber es fühlte sich anders an als pure Lust – mehr als das Verlangen den Helden voll und ganz für sich zu beanspruchen. Er zitterte – seine Hände zitterten – als er seine Hand aus der Kapuze zog, nach vorne griff und…
"Vanir?"
For fight or flight
"Ah!" Der stellvertretende Anführer der RESISTANCE wäre beinahe aus der Haut gesprungen als er die dritte Stimme hörte. Er wirbelte herum und sah Deceit mit einem fragenden Gesichtsausdruck am Türrahmen des Büros lehnen. Unbemerkt – so wie er direkt vor dem noch immer gefesselten Helden stand – schirmte er diesen vom Rest des Raumes ab. Sein Gesichtsausdruck neutral. "Was kann ich für dich tun Logan?"
"Ich wollte nur unsere Pläne holen." Deceit glitt in den Raum – sein Gesicht neutral – aber seine Augen interessiert. "Richtig. Sie sind auf dem Schreibtisch unseres Anführers." Vanir stand steif da und schob so heimlich wie möglich die Puppen – die die ganze Zeit um den Stuhl herum gestanden hatten – mit seinem Fuß unter den Besprechungstisch. Dann trat er einen Schritt von Red Riding Hood weg und tat so als ob er eine aufgeschlagene Akte auf dem Besprechungstisch studieren würde. Er bemühte sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. "Ich bin hier fast fertig."
Deceit beobachtete hingegen für einen Moment den Rücken von Vanir und sammelte die Pläne vom sonst leeren Schreibtisch des Anführers auf. Er fand auch darunter einige Puppen – sachgemäß gefertigt und ganz klar Vanir darstellend – mehr als genug um viele schwer zu verletzen oder eine Person zu töten. Er sah zu dem Helden nach vorne und schien kurz zu überlegen. "Interessant…" Deceit steckte mit einem kaum wahrnehmbaren Murmeln die Pläne in seine Tasche und verschwand dorthin woher er gekommen war.
What you gonna do?
Songtext ~ https://www.songtexte.com/songtext/sain ... dd4c6.html
Charaktere [mit Erlaubnis] ~ Red Riding Hood && Vanir für VaniRed ~ mit Gastauftritten von Deceit
Vielen lieben Dank fürs Lesen!